Auf der diesjährigen Mitgliederausstellung des Kunstvereins Ebersberg zeige ich eine Collage mit Bildern und Texten aus dem Gegenlicht-Projekt. Rita Baedeker schreibt darüber in der Süddeutschen Zeitung vom 24. August :
Wie sehr Machtmissbrauch zu Gewalt, Flucht und Entwurzelung führt, damit hat sich Thomas Hümmler in der Collage „Gegenlicht“ beschäftigt. Man sieht Profilfotos, scherenschnittartig schwarz. Die Profile gehören zu geflüchteten Männern aus Afghanistan, Äthiopien, Syrien, Mali, Somalia. In den Texten geht es um ihre Geschichte, um das Schicksal ihrer Familien. In einem weiteren Text befasst sich einer der Männer in Gedichtform mit Dingen, die, wie er schreibt, in Deutschland anders seien als in seiner Heimat. Zum Beispiel: „Ein Mann hat nur eine Frau, Frauen werden respektiert. Und Hunde schlafen im Haus“.
Wer genau hinschaut, sieht Farbe auf den Fotos und wer noch genauer hinschaut oder auch einen Blick ins beigelegte Gegenlicht-Buch wirft, stellt bald fest, dass es sich um Jugendliche, nicht um Männer handelt. So sehr ich die Texte der Kollegin Baedeker schätze, Recherche ist ihre Sache nicht.
Die Texte und Fotos der Collage entstanden im Deutsch als Zweitsprache-Unterricht für unbegleitete Minderjährige an der Berufsschule in Zinneberg im Rahmen eines Workshops zum biografisch-kreativen Schreiben. Dabei entstanden unterschiedliche Textformen von Prosa bis Lyrik, etwa sogenannte Elfchen, kurze Gedichte aus elf Wörtern. Die Wörter werden in festgelegter Folge (1, 2, 3, 4, 1) auf fünf Zeilen verteilt. In der Schreibwerkstatt haben die Schüler Wörter, Gefühle und Eindrücke über ihr Heimatland verarbeitet. In anderen Geschichten (Mein Koffer, Mein Rucksack, Meine Schuhe) kam es auf den Wechsel der Erzählperspektive an, hier aus der Sicht eines Koffers/eines Rucksacks oder eines Paars Schuhe. Der Gegenstand erzählt eine Geschichte und hebt so Erfahrungen von Flucht, Vertreibung, Migration und Integration auf eine andere Ebene.
Weitere Texte (meine Großmutter, mein Großvater) beschäftigen sich mit der Familie. Erinnerungen an Heimat, Kindheit, Familie sind emotional oft sehr bewegend. Die Großeltern repräsentieren meist stark die Familienkultur, in die man hineingewachsen ist und definieren so die gesellschaftlichen Umstände der Kindheit. In Kriegs- und Krisenregionen haben allerdings viele gar keinen Kontakt zu den Großeltern gehabt und kennen diese höchstens aus Erzählungen. Sind die Großeltern nicht bekannt, wurde auf andere Personen ausgewichen, etwa auf Mutter oder Vater.
Zwei Gedichte – „Es ist anders hier“ von Halit Ünal und „Für dich“ von Marina Michaelian – dienen als Vorlage für sogenannte Paralleltexte. Darin werden zum einen die Erfahrungen in und mit Deutschland in Worte gefasst und mit der Heimat verglichen, im anderen Text wird ein zuvor erstelltes Portrait der Großmutter/des Großvaters in eine lyrische Darstellung übertragen.
Kann man die Collage kaufen?
Ja und nein. Das Ausstellungsstück steht mit 5.000 Euro in der Liste. Sie erwerben mit dem Verkaufspreis aber nicht dieses Ausstellungsstück. Stattdessen erwerben Sie die gesamte Gegenlicht-Ausstellung mit über 100 Exponaten (über 60 Texte und mehr als 30 Fotografien). Diese wird an einem Ort Ihrer Wahl (Ihr Unternehmen, das „Studio an der Rampe“ des Kunstvereins Ebersberg oder andere Lokalitäten) und in enger Absprache mit Ihnen öffentlichkeitswirksam durchgeführt. Der Verkaufserlös von 5.000 Euro geht abzüglich der Material- und Aufwandskosten zu 100 Prozent in die Arbeit mit unbegleiteten Minderjährigen.
Wie lange geht die Mitgliederausstellung?
Die Ausstellung ist noch bis zum 18. September in der Galerie Alte Brennerei im Ebersberger Klosterbauhof zu sehen. Die Öffnungszeiten sind freitags bis sonntags: freitags von 18 bis 20 Uhr, samstags und sonntags von 14 bis 18 Uhr. Am 18. September ist die Finissage mit Künstlergespräch und Preisverleihung. Sie können mich an dem Tag dort treffen.